Calendar Icon 4. Juni 2025
User Icon Matthias Schulte

Was genau bedeutet Vibe Coding – und woher kommt der Begriff?

Der Begriff „Vibe Coding“ tauchte in der Tech-Community verstärkt ab 2023 auf, vor allem im Kontext von KI-unterstützter Programmierung. Gemeint ist ein Arbeitsstil, bei dem Entwickler mit Hilfe von KI-Tools in einen flüssigen, intuitiven Arbeitsmodus gelangen – einen „Vibe“, der Kreativität, Geschwindigkeit und Präzision kombiniert. Der Code fließt förmlich aus der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine.

Im Gegensatz zu klassischen Coding-Paradigmen – etwa „Test-driven Development“ oder „Pair Programming“ – steht beim Vibe Coding das subjektive Empfinden des Entwickelns im Vordergrund. Es geht darum, sich beim Programmieren inspiriert, entlastet und effizient zu fühlen. Das geschieht durch die intensive Nutzung von Tools wie Cursor AI, Codeium, Sweep oder Continue.dev, die den gesamten Entwicklungsprozess begleiten: vom Schreiben und Refaktorisieren bis zum Debugging und zur Codeerklärung.

Der Begriff mag auf den ersten Blick esoterisch klingen, aber dahinter steckt ein technischer und kultureller Wandel in der Art, wie Software entsteht.

🗣️ “Bad programmers worry about the code. Good programmers worry about data structures and their relationships.“
Linus Torvalds, Creator of Linux and Git, software pioneer

Ist Vibe Coding mehr als ein Trend?

Es ist leicht, Vibe Coding als Buzzword abzutun – ähnlich wie es „Agile“ oder „No-Code“ in ihren frühen Jahren erging. Doch ein Blick in die Praxis zeigt: Immer mehr Entwicklerteams, vor allem in der Startup-Szene und im Open-Source-Bereich, arbeiten bereits nach diesen Prinzipien.

Die Plattform Cursor, die auf dem Open-Source-Editor VS Code basiert, integriert KI nicht als Add-on, sondern als Kernfunktion: Man chattet mit dem Code, fragt gezielt nach Refactorings, erstellt Tests mit einem Prompt und bleibt dabei im selben Flow wie beim Schreiben selbst. Im Gegensatz zu Copilot, das oft nur Vervollständigungen liefert, bietet Cursor ein dialogisches Erlebnis – ähnlich wie ChatGPT, aber vollständig im Code-Kontext.

Auch die Arbeit mit Pull Requests verändert sich: Tools wie Sweep.dev automatisieren Routineaufgaben wie das Beantworten von Feedback, das Schreiben von Unit-Tests oder sogar das Umsetzen ganzer Features anhand von GitHub-Issues. Das senkt die mentale Belastung deutlich und eröffnet Freiräume für kreative Problemlösung.

Vibe Coding Fundamentals

Kritischer Blick: Wo liegen die Schwächen?

Trotz der Euphorie sind auch Risiken sichtbar. Viele KI-Modelle verhalten sich in produktiven Umgebungen inkonsistent. Gerade bei größeren Codebasen fällt auf: Die KI „halluziniert“ Funktionen, die gar nicht existieren, oder macht fehlerhafte Annahmen über die Architektur. Das kann zu technischen Schulden führen, wenn Entwickler sich zu stark auf die Vorschläge verlassen.

Zudem gibt es datenschutzrechtliche und sicherheitsrelevante Bedenken: Viele KI-Tools schicken Code (inklusive sensibler Daten) an externe Server. Auch wenn Anbieter wie OpenAI und Cursor mittlerweile on-premise-Varianten oder Open-Source-Modelle (etwa StarCoder2 oder Code Llama) anbieten, bleibt die Frage: Wer trägt die Verantwortung, wenn KI-generierter Code fehlerhaft oder gar schädlich ist?

Eine weitere Kritik betrifft die Lernkurve junger Entwickler:innen. Wenn bereits in der Ausbildung stark auf KI gesetzt wird, fehlt oft das tiefere Verständnis für Konzepte wie Datenstrukturen, Speicheroptimierung oder Architekturprinzipien. Es besteht die Gefahr, dass Entwickler nur noch „Prompt Engineers“ sind, aber keine echten Programmierer mehr.

Jetzt Erstgespräch vereinbaren!


Ausblick: Wie entwickelt sich Vibe Coding weiter?

Der technologische Fortschritt im Bereich KI-Codetools ist derzeit rasant. Während 2023 noch GPT-4 als primäre Grundlage diente, setzen neuere Tools auf spezialisierte Modelle wie Magic.dev, das für komplexe Programmierlogik trainiert wurde, oder Cognition Labs' Devin, der als vollautonomer KI-Entwickler positioniert wird.

Ein Zukunftsszenario: Entwickler:innen agieren bald eher als Architekt:innen oder Produktverantwortliche. Die KI übernimmt die Details und schlägt Alternativen vor. Prompten, Bewerten, Modifizieren – das wird zum neuen Kern des Jobs. Manche sprechen bereits vom „Post-Code-Zeitalter“.

Auch die Integration in DevOps-Prozesse steht bevor. Vibe Coding endet nicht beim Code-Editor, sondern wird auch in CI/CD-Pipelines, Monitoring-Systeme und sogar in Stakeholder-Kommunikation eingebettet. Tools wie Continue.dev können Konversationen zwischen Entwicklern und Business-Seite automatisch dokumentieren, Zusammenfassungen generieren und Codeanpassungen vorschlagen – eine ganz neue Form der Kollaboration.

Tools, die Vibe Coding ermöglichen – ein Überblick

1. Cursor AI: Vollintegrierter Editor mit Fokus auf dialogischer Interaktion mit Code. Unterstützt automatische Refactorings, Tests, Bugfixes, Codeverständnis.

2. Sweep.dev: Automatisiert Feature-Implementierungen anhand von GitHub-Issues. Besonders hilfreich für repetitive Aufgaben.

3. Continue.dev: Erweiterung für VS Code mit Fokus auf erklärbare KI. Gute Option für Teams, die ihre Prozesse dokumentieren möchten.

4. Codeium: Schneller, kostenloser KI-Codeassistent mit guter Performance für Standardaufgaben, unterstützt viele Sprachen.

5. GitHub Copilot X: Klassischer Vorreiter im Bereich KI-Autocompletion, mittlerweile mit Chat- und Voice-Funktionen. Gut für einfache bis mittlere Use Cases.

Wichtig: Die meisten dieser Tools setzen derzeit noch auf große Foundation-Modelle (etwa von OpenAI, Anthropic oder Mistral), doch es gibt auch erste Self-Hosted-Alternativen mit OpenDevin oder StarCoder2
dies ist besonders relevant für Unternehmen mit strengen Datenschutzanforderungen, da es ihnen eine größere Kontrolle über ihre Daten und Modelle ermöglicht.